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„Ich hatte eigentlich dauernd die Stimmung, Sie werden es Drang nennen, zum Umbringen. Ich wollte das Blut der Opfer rauschen hören. Wenn ich die Mittel dazu gehabt hätte, hätte ich ganze Massen umgebracht. Jeden Abend, wenn meine Frau Spätdienst hatte, bin ich herumgestreift nach einem Opfer.“
Von STEPHANIE KAYSER
Köln – Ältere Frauen, junge Frauen, Mädchen, ein Invalide: Peter Kürten (1883-1931), geboren im heutigen Köln-Mülheim mordet wahllos. Mal saugt er das Blut seiner Opfer, mal vergewaltigt er, mal sticht er zu, mal legt er Feuer.
Bis er gefasst wird, bringt er mindestens 9 Menschen um, bei mindestens 32 weiteren versucht er es. Sein Revier ist sein späterer Wohnort Düsseldorf. Am 24. Mai 1930 wird Kürten (damals 47) verhaftet. Er ist gelernter Eisengießer, zu der Zeit arbeitslos und verheiratet. Ein höflicher, unauffälliger Typ mit auffällig glänzenden Schuhen. Kürten hat stets ein Staubtuch dabei.
Quelle: Stadtarchiv Düsseldorf
Hysterie im Rheinland
Jahrelang sorgt Kürten mit seiner Mordserie für Hysterie im Rheinland: Schulbusse werden bewacht, tagsüber spielen keine Kinder mehr draußen, Bürgerwehren patrouillieren. Selbst US-Zeitungen berichten über die grausame Mordserie, bei der der Täter scheinbar wahllos zuschlägt.
“Helft den Düsseldorfer Massenmörder unschädlich zu machen”, steht auf den Flyern, die die Polizei im Januar 1930 verteilt. Obwohl sich da schon mehr als 2.000 Zeugen gemeldet haben, haben die Ermittler keine Spur. Auch eine Belohnung von 15.000 Reichsmark zeigt keine Wirkung.
Sein erstes Opfer ist ein Kind
Der erste Messer-Mord von Kürten ist da schon 17 Jahre her. 1913 bricht Kürten in eine Wohnung über einer Mülheimer Gaststätte einbricht, ersticht er die schlafende Tochter (10) der Wirtsleute mit seinem Taschenmesser.
Ab 1928 folgen acht Morde in Serie im damaligen Wohnort Düsseldorf. Sein erstes Opfer, ein kleines Mädchen namens Rosa Ohlinger (8), würgt er erst bewusstlos, bevor er 13 Mal auf sie einsticht. Am nächsten Morgen verbrennt er die Kinderleiche. Der Grund für das Feuer: “mehr Aufmerksamkeit”.
Manche Opfer zersticht er auch im Genitalbereich. Ein 5-jähriges Mädchen vergewaltigt und tötet er. Die Tatwerkzeuge: Schere, Hammer, Messer.
Kürten trinkt Schwanenblut
1929 tötet Kürten einen Schwan im Düsseldorfer Hofgarten, trinkt dessen Blut. Die Presse tauft ihn “Vampir-Mörder”. Später kommt heraus, dass Kürten auch Blut einiger Opfer getrunken hat. Die Zeitungsberichte liest Kürten am liebsten an Aushängen mit vielen Menschen. Um so größer das Entsetzen ist, um so besser.
Wegen diverser Ermittlungspannen kann Kürten ungestört morden. Im Herbst 1929 schickt er selbst sogar mehrfach Botschaften an Zeitungen und Polizei. In den Nachrichten hat er unentdeckte Leichen-Verstecke aufgezeichnet. Aber es dauert, bis die Briefe bearbeitet werden.
Auch als ein früherer Knastkumpel Kürten 1929 bei der Polizei anschwärzt, schöpfen die Beamten keinen verdacht. Der gepflegte und höfliche Kürten erscheint den Beamten unverdächtig. Seinem Zelleninsassen hat er aber wiederholt von seinen Blut- und Gewaltphantasien erzählt.
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booking.comEin falsch zugestellter Brief überführt ihn
Selbst wenn die Opfer überleben, helfen sie der Polizei oft nicht weiter. Zu groß die Scham, zu klein das Vertrauen in die Beamten. So wie im Fall Maria Butlies. Das Opfer, mit dem die Mordserie endet.
Kürten lädt die junge Frau erst in die Wohnung, dann ins Grüne ein. Dort vergewaltigt er sie – lässt sie aber laufen. Zur Polizei geht Maria Butlies nicht. Sie schreibt aber einer Freundin, dass sie vielleicht dem Vampir-Mörder begegnet sei. Nur weil dieser Brief falsch zugestellt wird, nicht bei der Freundin, sondern bei Fremden landet, erreicht das Schreiben am Ende bei der Polizei.
Durch diesen Brief kommen die Ermittler auf die Spur des Serienkillers. Am 24. Mai 1930 wird der “Vampir-Mörder” verhaftet. Seine Ehefrau verrät am Ende sein Versteck.
Das Geständnis dauert Tage
Im Polizeiverhör schildert Kürten alle sadistischen Einzelheiten seiner Taten, scheint laut Zeitzeugen den Ekel der Kriminalbeamten zu genießen. Das Geständnis geht über Tage:
„Ich hatte eigentlich dauernd die Stimmung, Sie werden es Drang nennen, zum Umbringen. Ich wollte das Blut der Opfer rauschen hören. Wenn ich die Mittel dazu gehabt hätte, hätte ich ganze Massen umgebracht. Jeden Abend, wenn meine Frau Spätdienst hatte, bin ich herumgestreift nach einem Opfer.“
Acht Wochen lang wird der Serienmörder vor seinem Prozess in einer Heil- und Pflegeanstalt untersucht. 1000 Seiten Gutachten, laut dem sei Kürten ein Sadist, aber nicht geisteskrank. Er ist damit voll zurechnungsfähig.
Die Anklage: Neun Morde, 32 Mordversuche, drei Überfälle, eine versuchte Notzucht und 27 Brandstiftungen. Weil Kürten ausführlich geständig ist, ist der Jahrhundert-Prozess nach zehn Tagen beendet. Die Richter verurteilen ihn am 22. April 1931 zu neunmal Todesstrafe.
So wird Kürten zum Killer
Der sogenannte “Vampir-Mörder” hat zwölf Geschwister. Sein Vater war Alkoholiker. Der prügelt alle, vergewaltigt Mutter und Schwester. “Ich habe meinen Vater nie geliebt, aber immer gefürchtet. Ich habe meinen Vater schon in frühester Jugend als ein Ungeheuer kennengelernt”, sagt Kürten im Gespräch mit dem damaligen Psychiatrie-Professor Sioli.
Zur Mutter hat Kürten ein distanziertes Verhältnis: Nach Aussagen des Vaters wollte die ihre Kinder im Säuglingsalter töten. Dafür soll sie Kürten als Baby in nasse, kalte Tücher gehüllt haben. “Es wäre wohl niemand, der in meinen Kinderschuhen gesteckt hätte, unbeschadet durchs Leben gegangen.”
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Schon als Kind lernt er Sadismus und Tierquälerei bei einem Hundefänger, der im selben Haus in (Köln-) Mülheim wohnt. . Bereits als 9-Jähriger stößt Peter Kürten zwei Spielkameraden in den Rhein – sie ertrinken. Nach eigenen Angaben versucht Kürten mit 13 ein Schlaf zu vergewaltigen. Als das nicht klappt, tötet er das Tier.
Als Kürten mit 47 Jahren verhaftet wird, hat er mehr als 20 Jahre schon im Zuchthaus verbracht. Die Liste der Vergehen ist lang: 78 Verfahren vor Gericht: Brandstiftung, Einbruch, Fahnenflucht, Unterschlagung von Lohngeldern, Raub.
Am Ende verschwindet sein Kopf
Am 2. Juli stirbt er unter der Guillotine im Klüngelpütz in Köln. Die Gedanken des Serienmörders in den letzten Stunden laut Zeitzeugen: “Das Einzige, was mir noch leid tut, ist, dass ich nicht mehr lesen kann, wenn ich geköpft bin.”
Zu Forschungszwecken geht sein Leichnam an das anatomisch-biologische Institut der Universität zu Köln. Der Kopf des Serienmörders wird mumifiziert.
Der Schädel gerät auf ungeklärte Weise irgendwann nach dem Zweiten Weltkrieg in die Hände des Sammlers Arne Coward. Der eröffnet in den 60er Jahren ein Museum für Makabres in Honolulu/Hawaii. 1989 wird Kürtens Kopf an das “Ripley´s Believe It Or Not”-Museum in Wisconsin Dells/Wisconsin (USA) verkauft. Dort ist er seitdem zu begutachten. Eintritt: 19,99 US-Dollar.
Screenshot: Instagram
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zuerst veröffentlicht am 18. Mai 201
Quellen: eigene Recherche; Deutschlandfunk: “Vor 90 Jahren – Der Serienmörder Peter Kürten wird verhaftet” (Jürgen Bräunlein, 24.5.20); Stern: “Serienmörder Peter Kürten – Wie der Kopf des “Vampirs von Düsseldorf” in einem amerikanischen Kuriositätenkabinett landete” (Patrick Rösing, 31.3.2019); Blog: “Der Vampyr von Düsseldorf – Die Akte Peter Kürten ” ( Jan Niko Kirschbaum, 2011); Ripley’s Museum Wisconsin Dells; Spiegel: “Serienmörder Peter Kürten -Der Vampir von Düsseldorf (Peter Maxwill, 24.5.13);