Von LEO LUDWIG*
Köln – Porz und ein gastronomischer Hotspot, das muss sich nicht ausschließen. Zeigt zumindest mein Besuch im „Gutierrez“ in der ehemaligen Feilenfabrik an der Steinstraße. Schön, auch mal ein lukullisches Highlight abseits des kölschen Gastro-Äquators in der City, Ehrenfeld oder Sülz zu finden.
Die Fabrikhalle mit dem Lastenkran schmückt sich mit bunten spanischen Mosaikfliesen, Mobiliar in warmen Farben und einer sehr einladenden Atmosphäre. Der Parkplatz im Hof macht den Besuch auch angenehm. Mit zwei Freunden teste ich den Spanier, der mit Tapas und Steaks für sich wirbt. Die Bedienung ist aufmerksam, schnell sind wir am reservierten Tisch samt zu lesender Speisekarte und die Getränke kommen zügig.
Die Qual der Riesen-Auswahl
Nur die Auswahl des Essens bedarf einiger Zeit: die Karte ist groß, wenn nicht gar riesig. Allein 54 kalte und warme Tapas machen die Wahl nicht leicht. Grillgerichte und andere Spezialitäten noch nicht mitgezählt.
Die Bedienung ist aufmerksam: Da das Lesen Zeit braucht, bringt sie auf Nachfrage leckeres Aioli mit frischem Brot und Oliven (5,90 Euro). Meine Begleiter bestellen als Vorspeise jeweils „Pan tostado con tomate“ (5,20 Euro) und Datteln im Speckmanteln (5,50 Euro). Die Vorspeisen dauern. Zuerst kommen das Röstbrot mit Tomate, Olivenöl und Knoblauch. Dafür sind die drei Scheiben gut belegt, knusprig und saftig.
*Unabhängig, kritisch und immer auf der Suche nach einem neuen Gaumenschmaus in Köln. Unser professioneller Test-Esser “Leo Ludwig” ist ein Kenner der Kölner Gastro-Szene. Für seine Kritiken besucht er die Restaurants als normaler Gast und zahlt für seine Rechnungen. Um auch in Zukunft unbestechbar und unauffällig testen zu können, schreibt er bei YES WE KÖLN unter einem Pseudonym. Die ehrliche Gastro-Kritik.
Steaks und Tapas als Hauptgang
Nach mehr als einer guten Halbstunde kommen die Hauptspeisen. Fast jeder Tisch in der Fabrikhalle ist an dem Donnerstagabend belegt, die Bedienungen sind am Rotieren. Die Datteln im Speckmantel sind trotz Verspätung ein Genuss.
Meine Fleischliebhaber von Begleitern werden auch bei ihrer Wahl nicht enttäuscht: das 200 Gramm Rinderfilet medium mit gegrilltem Gemüse und hübsch dekoriertem Beilagensalat im Rotkohlblatt (34,40 Euro) ist zwar etwas zu durch, aber das Fleisch ist zart und schmeckt sehr gut. Das frische Grillgemüse hat der Koch mit reichlich Öl bedacht, lecker, aber nicht jeder Magens Sache. Der Beilagensalat kommt etwas bitter und fad mit ein bisschen wenig Dressing daher.
Begleiter Nummer 2 hat das klassische Rumpsteak 250 Gramm Medium mit gebratenen Champignons (29,40 Euro) gewählt. Das Fleisch ist tadellos, die Pilzportion riesig wie eine Tapas-Portion.
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Während meine Begleiter mit dem Steakmeser hantieren, schaue ich mir meine Tapas-Auswahl an, die optisch sehr begeistert: als kalte Tapas den lecker fruchtig-frischen mallorquinischen Tomatensalat (5,90 Euro) in Riesenportion und die kalte Ceviche von Lachs und Thunfisch (12,90 Euro.
Letztere südamerikanische Spezialität duftet köstlich, der Fisch ist durch die Zitronensäure gegart. Spritzig-frisch, aber leider für den Testergaumen ist das Ganze zu scharf. Extra-Brot (1,50 Euro) muss her. Ein kulinarisches Erlebnis für die Zunge, das ich nicht aufesse, aber das zeigt, wie spannend vielfältig die Küche im „Gutierrez“ ist.
Danach stürze ich mich auf die warmen Tapas. Der Kaninchenschenkel in Sherrysoße (12,20 Euro) ist ein Traum. Das Fleisch löst sich bereits vom Knochen, die würzige Soße schmeichelt dem Ganzen. Passend dazu ein Stück Tortilla española’, hier bekannt als Kartoffelomelette (5,50 Euro), knusprig und gekonnt.
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Ein süßes Ende des Abends
Wir sind gut gesättigt. Die einzigen drei Desserts teilen sich gut auf uns drei Freunde auf: Crema Catalana, Karamellpudding mit Orange und Churros. Gut vorbereitet bestellen wir gleich für jeden drei Löffel und Dessertgabeln, um tauschen zu können.
Die Crema Catalana (7,50 Euro) ist eine gute Portion. Knackig flambiert, harte süße Schale, weicher Kern. Mhmmmm. Anders der Karamellpudding (6,90 Euro): Er kommt eher wie ein Flan daher, mit wenig Geschmack nach Karamell oder Orange. Schade. Dafür punkten die Churros mit Schokoladensoße (5,90 Euro): knusprig frittiert, fein mit Puderzucker bestreut, landen drei süße Spritzkringel schnell in unseren Mündern.
Bevor wir die Rechnung bekommen, genehmigen wir uns zu Dritt einen traumhaften Abgang: einen mallorquinischen Anislikör Dulce auf Eis (4cl, 5 Euro). Wir fühlen uns gleich an den Mallorca-Urlaub erinnert. Herrlich!
Fazit
Fazit: Porz ist um eine gastronomische Attraktion reicher. Die Location ist der Hit, das Ambiente schön gestaltet. Die Bedienungen sind trotz vollen Ladens sehr bemüht und aufmerksam. Nur das Essen könnte etwas wärmer zu den Gästen gelangen.
Dennoch: wir sind begeistert, obwohl wir am Ende mit diversen Getränken eine ordentliche Rechnung von 162,60 Euro latzen. Aber: Das ist mir ein schöner Abend unter Freunden mal wert, wenn er so lecker daherkommt.
Note: 2 mit einem kleinen Minus
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