zuerst veröffentlicht am 13. November 2023
Von STEPHANIE KAYSER
Köln – Am 11.11. macht ab Mittag eine ekelhafte Meldung die Runde. Auf der Zülpicher Straße soll ein junger Mann den „Hitlergruß“ von einer Laterne gemacht haben, die Menge soll ihn dafür gefeiert haben. Zwei Tage später kommt raus: Es war alles anders.
Von Anfang an: Gegen 11.07 Uhr klettert ein Typ auf der Zülpicher Straße eine Laterne hoch. Eine Sinn freie Aktion, lebensgefährlich dazu. Wir sind durch Zufall vor Ort, stehen etwa zehn Meter weiter.
Ab 11.08 Uhr beginnen die “Ausziehen, Ausziehen”-Rufe in der Masse. Der Kletterer hat die Überwachungskamera an der Laterne erreicht, posiert auf der Kamera stehend das erste Mal in Siegerpose mit dem linken Arm nach oben. (siehe großes Foto oben)
Striptease am Laternenmast
Vermutlich angespornt von der Masse hangelt sich der Mann über den Bogen der Laterne, stellt sich am Ende des Bogens auf den Lampenschirm und posiert wieder für die Masse. Die Rufe “ej, Bruder, komm runter” werden lauter, der Mann hangelt sich wieder zurück zur Überwachungskamera, wo er anfängt zu strippen.
Angefeuert mit “Ausziehen, Ausziehen”-Rufen. Zeitgleich wird es 11.11 Uhr. Augenscheinlich bezieht der Typ den Countdown auf seinen Striptease. Die Kleidungsstücke fliegen, bis der Typ oben ohne da steht. Erst dann klettert er wieder runter. Es ist 11.12 Uhr.
Um 12.22 Uhr berichtet das erste Kölner Medium von einem antisemitischen Vorfall auf der Zülpicher Straße. Eine Nachricht nimmt ihren Lauf. Social Media laufen heiß: Ein Mann soll mit Hitlergruß posiert haben, die Menge “Führer, Führer” gerufen haben. Andere Artikel sprechen vom Nazi-Eklat am 11.11. Der größte Karnevalsauftakt aller Zeiten bekommt einen widerlichen braunen Beigeschmack.
Der Vorfall im Video
Karnevalisten protestieren
Die Karnevalisten sind schockiert. Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn versammelt sich mit mehr als 50 Fastelovends-Funktionären am Nachmittag zu einer spontanen Solidaritätskundgebung vor der Synagoge. Für Nazis ist kein Platz in Köln.
Der Staatsschutz ermittelt
In der vorläufigen Bilanz der Polizei heißt es um 23.17 Uhr: “Nach einer medialen Berichterstattung zu Personen, die gegen 12 Uhr auf der Zülpicher Straße auf einen Laternenmast geklettert sein sollen und den Hitlergruß gezeigt haben sollen, hat der Polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen und bittet Zeugen, sich zu melden.”
Die Auflösung zwei Tage später
Zwei Tage später, am 13. November gibt die Kölner Polizei um 14.57 Uhr folgende Stellungnahme heraus:
“Unter dem Titel ‚Nazi-Eklat am 11.11.‘ verbreitet sich ein Vorfall aus dem Zülpicher Viertel derzeit insbesondere über Soziale Medien. Zu sehen ist ein Mann, der auf einen Laternenmast klettert und während seiner lebensgefährlichen Aktion zweimal seinen linken Arm dem laut johlenden Publikum entgegenstreckt.
Oberstaatsanwalt Willuhn äußert sich zu dem Video: “Das auf dem Video abgebildete Verhalten hat keine strafrechtliche Relevanz. Insbesondere zeigt der “Laternenmann” nicht den Hitlergruß, sondern hebt den für einen Hitlergruß “falschen”, nämlich den linken Arm zu einer bloßen Jubelgeste, offenbar um sich für den “Erfolg” seiner fragwürdigen und leichtsinnigen Aktion feiern zu lassen. Auch der aus den Reihen der Zuschauer stammende Zuruf “Der Führer begrüßt” stellt für sich gesehen keine verbotene Parole, sondern eine nicht strafbare Geschmacklosigkeit dar.”
Zu dem Laternenkletterer ist inzwischen ein Hinweis eingegangen. “Jemand hat ihn auf dem Video erkannt. Zu dem jungen Mann liegen keine polizeilichen Erkenntnisse vor, die eine rechte nahelegen. Der Wortbeitrag ‘der Führer begrüßt’ ist keiner bestimmbaren Person zuzuordnen” ergänzt Wolfgang Baldes, Sprecher der Polizei Köln.”
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