Fotos: Michael Bischoff
Von MICHAEL BISCHOFF
Köln – Sie sind frech, sie sind laut, sie sind wieder da! Die Stunker im E-Werk machen nicht nur Spaß und gute Laune, sondern auch viel Stimmung gegen ökologische Gleichgültigkeit – und sogar gegen ihr eigenes Publikum.
Was wollen die Zeitreisenden aus der Zukunft denn da wissen? “Hier hat bestimmt keiner einen Amazon-Account. Alle sind heute mit Bus und Bahn angereist. Und Fleisch esst ihr auch nur ganz, ganz selten.” Verlegenes Lachen im Saal, und der herzhafte Biss in die Frikadelle tut plötzlich weh.
Beim Kölner Verkehrsgipfel gehen Radler, Fußgänger, E-Scooter- und Autofahrer so leidenschaftlich wütend aufeinander los, als wäre die Venloer Straße direkt ins E-Werk verlegt worden. Auch diese Realsatire geht richtig an die Nerven-Bahnen. Wer sich erkennt, ist gemeint.
Zum Rammstein-Song “Sonne” versucht sich Ozan Akhan später an der Tonne. Doch ob die in grau, grün, gelb oder schwarz ist – wohin mit welchem Müll? Winni Rau als Müllmann zieht ihm dabei musikalisch die Ohren lang. Bleibt die Frage für alle: Ist unsere Mülltrennung wegen falscher Einwürfe auch gleich für die Tonne? Und wir selber?
Der Spießbürger Tom schaffts nach seinem erfolgreichen Tod beim “Grünsten Gericht” jedenfalls auch nicht. Er hat sich zwar in erfolgreicher Mülltrennung versucht und immer die Grünen gewählt, doch seine Benziner und eine leichtsinnige Flugreise ins ferne Asien vor vielen Jahren sorgen für soviel Punktabzug, dass der Aufstieg in den Öko-Himmel dramatisch scheitert. Nur grün wollen reicht den himmlischen Richtern einfach nicht aus.
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Krieg der Sternchen
Ökologisch super nachhaltig wirkt dagegen die Unterwasser-Kulisse des Rheins. Hier bestehen alle Klamotten, Bilder und Fische aus reiner Wolle. Stundenlang von vielen Stunkern sowie Helfern “zusammengeklöppelt” und wieder verwertbar. Sieht großartig aus. Nur der musikalische Erkenntniswert im noch nicht ausgetrockneten Flußbett ist ziemlich öde und traurig: “Niemandem fehlt die Existenz des homo sapiens”.
Passend dazu kotzen sich die Stunker über machtgierige Diktatoren, Potentaten und Politiker aus. Der Kampf um die geschlechtergerechte Sprache wird zum “Krieg der Sternchen” und die Deutsche Bahn zur Sketch-Parade über Pünktlichkeit, Service und defekte Züge.
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booking.comWoelki als Kardinal des Teufels
Die Hausband “Köbes Underground” sorgt für die musikalische Sahne der Show, und Biggi Wanninger überholt sich als Moderatorin selber. Sie kommt bitterböse politisch auf den Punkt – und Punkt!
Und dann war da doch noch jemand? Stimmt, Woelki! Der umstrittene Kölner Erzbischof versucht als “Kardinal des Teufels” endlich alle Katholiken loszuwerden. Großartig gespielt, doch da wäre beim Kirchenbashing mehr bissiges Fingerspitzengefühl drin gewesen. Als Zappelphilipp in der Hölle wirkt Woelki nur lächerlich.
Wir meinen: Die Analyse der multiplen Krisen ist so bissig wie lange nicht mehr. Die Stunksitzer sind in Topform und die Tickets rar. Einfach versuchen. Irgendwie klappt’s immer!
Das ist die Stunksitzung
Die Stunksitzung ist eine alternative kabarettistische Sitzung im Kölner Karneval. 1983 von Studierenden der Fachhochschule Köln gegründet, 1984 fand die erste Sitzung in der Uni Mensa statt. Sitzungspräsident damals: der heutige Kabarettist Jürgen Becker.
Die Stunker setzten sich bewusst vom damals sehr traditionellen, steifen Sitzungskarneval ab. Stunksitzung ist eine Anspielung auf Prunksitzung, in der die Vereine und Korps des Kölner Karnevals in großem Geschirr aufmarschieren. Anfangs herrschte Krieg zwischen Festkomitee Kölner Karneval und Stunkern.
Als der “Modernisator” Markus Ritterbach 2014 Präsident des Festkomitees wurde, war nach 30 Jahren Schluss mit Zank. Das Festkomitee besuchte sogar hochoffiziell eine Stunksitzung.
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