Von STEPHANIE KAYSER
Köln – Es hört sich irgendwie nach Liebe an. Wenn Jürgen Walter und Dirk Holzmann von ihrem Lokal sprechen, meint man, sie reden von einem besonders lieben Freund. Vor 30 Jahren gründeten sie den “Waschsalon”: heute eine Institution auf der Ehrenstraße und wie Familie für die beiden.
Das Lokal startet als Schnapsidee. Anfang der 90er ist das Friesenviertel im Umbruch, das Gerling-Quartier wird neu geplant. Viele Lokale stehen leer, auch ein ehemaliges Autohaus direkt am Anfang der Friesenstraße.
Die beide Freunde Jürgen Walter (61, damals “Live Music Hall”) und Dirk Holzmann (betrieb die Musikkneipe “Woodys”) spinnen damals rum: Was dem Friesenviertel fehlt, ist definitiv ein Ort zum Wäsche waschen. Und damit die Zeit nicht zu lang wird, könnte man die mit Kölsch verkürzen. Soweit die Idee.
Eine Kneipe zum Wäsche machen und Schwätzchen halten – heute sind Crossover-Konzepte voll im Trend, damals allerdings eine absolute Neuheit. Eher skeptisch bekommt das Gastro-Duo seinen ersten Mietvertrag. Erstmal nur über neun Monate, die Gebäude sollen ja eh abgerissen werden.
Mit dem Ersparten kaufen Jürgen und Dirk ausrangierte Waschmaschinen, bauen die Trommeln aus, bauen daraus Lampen, Regale, Barhocker. Fast alles selbst gebaut, gestaltet mit viel Liebe und einer Vision. Die Liebe kommt bei den Gästen an.
Der Waschsalon wird zum Treffpunkt im Friesenviertel. Tagsüber Lokal und Café, am Wochenende werden nach dem AbendeEssen Stühle und Tische an die Wand geschoben, dann wird in die Nacht getanzt. Sowas wie den Waschsalon gibt es damals in Köln nicht.
Der aktive Wasch-Betrieb muss dann eingestellt werden. Waschpulver und Getränke, da hat die Stadt Köln hygienische Bedenken. Der Name “Waschsalon” bleibt trotzdem.
Tatsächlich werden aus dem neunmonatigen Mietvertrag sechs Jahre, aber dann wird das Gebäude abgerissen. Walter und Holzmann ziehen eine Straße weiter, verlegen ihren Waschsalon in die Ehrenstraße. Hier geht das Gastro-Leben in Waschsalon-Atmo weiter.
“Wir waren nie ein Schicki-Micki- oder Türsteher-Laden, wo wir die Leute nach Gesicht oder Klamotten sortieren“, sagt Walter. Im Waschsalon ist die Nacht lang: Deswegen schauen auch die Künstler, der damals in Köln ansässigen Plattenfirma EMI immer gerne rein, von Tina Turner bis zu anderen Weltstars. Wolfgang Niedecken vermacht dem Lokal seinen handgeschriebenen Liedzettel zum Stück “Waschsalon”. Der Gitarrist von Simply Red verliebt sich unsterblich in eine Bedienung. Ein Lokal zwischen Party und purem Leben.
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Booking.comDer Waschsalon ist heute wie Köln. Es gibt Platz für jeden. Die Omas kommen nachmittags auf ein Käffchen, die Berufstätigen oder Shopping-Liebenden stärken sich beim Mittagstisch, FC-Fans kommen für die Spiele und wenn es Nacht wird in Köln, kommen vor allem Studenten. Mittlerweile sogar die Kinder der ersten Studenten von damals. Der Waschsalon verbindet Generationen.
Das gilt übrigens auch für die Belegschaft. “Bei uns sind viele Ehen entstanden, tatsächlich weiß ich gar nicht genau, wie viele. Die Menschen hier sind kein Personal, das ist Familie”, sagt Jürgen Walter. Betriebsleiterin Miriam hat hier vor 30 Jahren angefangen, ihr Mann arbeitet auch hier. Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter arbeiten seit mehr als 10 Jahren hier. Und längst arbeiten auch Kinder der Kellner von damals hier.
Ein Freundeskreis aus New York kommt seit Jahren nur für die tollen Tage in den Waschsalon. “Die haben immer denselben Platz immer bei uns auf der Empore und feiern dann fünf Tage durch und fliegen dann wieder nach Hause.” Glücklich und mit dem festen Vorsatz, im nächsten Jahr wiederzukommen…
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