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NS-DOKUMENTATIONSZENTRUM – Wo rechter Terror Menschen getötet hat

Flüchtlingsunterkunft in Zirndorf: Hier zündete eine rechtsterroristische Gruppe 1980 einen Sprengsatz. Fotos: © Mark Mühlhaus

Von BIRGITT SCHIPPERS

Köln – Eine Häuserzeile, eine Landstraße oder ein Badesee – die Fotografien von Mark Mühlhaus wirken wie idyllische Momentaufnahmen. Doch an diesen Orten haben Neonazis, Skinheads oder gewalttätige Jugendliche Menschen ermordet, schwer verletzt, ihr zu Hause niedergebrannt oder in Angst und Schrecken versetzt.

Mit Absicht hängen die großen farbigen Fotografien kreuz und quer in der Sonderausstellung des Kölner NS-Dokumentationszentrums. Magisch ziehen die Bilder den Blick der Besucher an, denn sie wirken vordergründig so harmlos und alltäglich. Auf ihrer Rückseite erzählen sie dramatische Geschichten.

Anschlag auf Asia Imbiss

Köln - Eine Häuserzeile, eine Landstraße oder ein Badesee – die Fotografien von Mark Mühlhaus wirken wie idyllische Momentaufnahmen.

Tatort: Das Gewerbegebiet in Nauen. Hinter einem Einkaufswagen auf einer Industriestraße steht eine Wellblechhütte mit der Aufschrift „Lan Imbiss“. Früher war an diesem Ort das Schild „Asia Imbiss“, bis eine Gruppe von jugendlichen Rechtsterroristen das vietnamesische Restaurant am 31. August 2003 in Brand gesetzt hat.

Viele der Täter waren noch Schüler oder Auszubildende. Sie hatten sich zu dem Freikorps Havelland zusammengeschlossen. Ihr Ziel:  türkische und vietnamesische Geschäftsleute mit einer Serie von Brandanschlägen aus der Region zu vertreiben. Der vietnamesische Restaurantbesitzer ist geblieben.

Todesopfer in Diskothek

ns dok ausstellung

Doch nicht alle Opfer konnten ein neues Leben anfangen. Viele verloren ihr Leben durch rassistische und judenfeindliche Gewalttäter.

So starb eine Garderobiere aufgrund ihrer schweren Verbrennungen, nachdem die rechtsradikale Gruppe Ludwig die Münchner Diskothek Liverpool in Brand gesetzt hatte.

Seit 1977 verübten die Mitglieder dieser Vereinigung tödliche Gewaltanschläge gegen Homosexuelle, Drogenabhängige und Wohnungslose.

Multimediale Begegnungen

Köln - Eine Häuserzeile, eine Landstraße oder ein Badesee – die Fotografien von Mark Mühlhaus wirken wie idyllische Momentaufnahmen.
Foto: Daniel Grünfeld

Auf der Rückseite von jedem Bild können die Besucher in Deutsch, Englisch und Türkisch die Geschichte zum Bild nachlesen oder via QR-Code abrufen. Mit dem Wissen, was an diesen Orten passiert ist, wird aus den idyllisch wirkenden Bildern ein Schreckensszenario.

Zwischen den 35 Bilderstelen stehen sieben Hörstationen. Hier kommen auf vielfältige Weise Überlebende und Betroffene zu Wort – in Tweets, Auszügen aus Romanen oder Briefen. Mal poetisch, mal besorgt oder wütend. Sie machen bewusst, dass jeder Tatort ein Schicksalsort für Menschen geworden ist, die lange nicht gehört wurden.

In dieser Ausstellung können die Besucher mit ihren Eindrücken sich aktiv einbringen. Eine Poststation an einem langen Tisch lädt sie ein, Freunden und Verwandten eine Postkarte mit Bildern der Anschlagorte zu senden. Briefmarken braucht niemand mitbringen – die Postkarten werden vom Museum kostenlos verschickt.

Geschichte des Wegsehens

Seit der Gründung der Bundesrepublik, gibt es auch rechte Gewalttäter. Die Ausstellung des Kölner NS-Dokumentationszentrums in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung führt zur erschreckenden Einsicht, dass rechte Gewalttäter schon seit Jahrzehnten bundesweit ihr Unwesen treiben, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren hat.

Es ist eine Geschichte des Wegsehens und Vergessens. Jetzt haben wir die Chance, einmal hinzusehen und den Opfern zuzuhören.

Die Ausstellung „Un|sichtbarer Terror. Orte rechter Gewalt in Deutschland“ geht vom 16. März bis 13. August 2023.

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