Von BIRGITT SCHIPPERS
Köln – Die Liste berühmter Männer ist lang. Von den meisten Frauen haben wir noch nie gehört. Aber diese Kölnerinnen waren Frontkämpferinnen für eine bessere Welt. Die meisten jedenfalls. Hier unser weibliches Top-Quartett.
Julia Agrippina – die skrupellose Herrscherin
Foto: New York Public Library
Agrippina, die Jüngere (geb. 15. n. Chr.) , eine sehr herrschsüchtige Frau, gilt als die Begründerin der Stadt Köln. Lange lebte sie nach ihrer Geburt nicht in der Vorgängersiedlung von Köln. Ihr Streben nach Macht und Einfluss führte sie bis an die Spitze der römischen Machtelite. Mindestens zwei Ehemänner hat sie auf ihrem Weg nach ganz oben vergiftet.
Als machthungrige Frau des Kaisers Claudius wurde sie die erste römische Kaiserin zu Lebzeiten. Ihr großer Verdienst: sie setzte durch, dass aus der ubischen Siedlung, ihrem Geburtstort, die Stadt Köln wurde – die Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Pech für sie: ihren skrupellosen Machthunger hat sie ihrem Sohn Nero vererbt. Er ließ seine Mutter 59 n. Chr. ermorden.
Katharina Henoth – das Opfer von Fake News
Foto: Raimond Spekking/Wikimedia
Katharina Henoth (geb. zwischen 1570 und 1580) war schon bei ihrer Geburt gut gebettet. Als Tochter einer reichen Kölner Patrizierfamilie kannte sie keine Not, was in den damaligen mittelalterlichen Verhältnissen schon ein echtes Privileg war. Katharina war eine fromme Frau, die viel Geld an kirchliche Einrichtungen gab.
Aber das hat ihr nichts genützt. Als in dem Klarissenkloster, in dem ihre Schwester und ihre Tochter lebten, Fälle von Besessenheit die Runde machten, wurde Katharina der Hexerei beschuldigt. Fake news à la Mittelalter, aber genauso wirksam wie heute. Mehrmals wurde sie gefoltert und beteuerte ihre Unschuld.
Petitionen an hohe Kirchenmänner konnten ihre Verurteilung nicht abwenden. Sie wurde am 19. Mai 1627 auf der Richtstätte Melaten vor den Mauern vom Scharfrichter erwürgt und dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Jetzt schaut sie vom Kölner Rathausturm als Skulptur auf ihre Heimatstadt. Ein Mahnmal für Frauen-Hater.
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Booking.comAnna Maria von Schürmann – das Universalgenie
Foto: National Gallery of Art
Ihre Eltern flohen nach Köln, weil sie religiös verfolgt wurden. Schon drei Jahre nach Anna Marias Geburt (5. November 1607) mussten sie auch schon wieder aus Köln fliehen. Der Grund: reformierte Protestanten waren hier nicht gut gelitten. Schade für Köln, gut für Anna Maria – die Eltern waren aufgeklärte Menschen und legten viel Wert auf Bildung, auch für ihre einzige Tochter.
Schon mit drei Jahren konnte sie in der Bibel lesen. Wie ihre beiden Brüder erhielt sie Privatunterricht, und ihre Gelehrsamkeit war sprichwörtlich: „Stern von Utrecht“ wurde sie genannt. Sie war eine der ersten Studentinnen Europas, sprach und schrieb mindestens zehn Sprachen, kannte sich in Natur- wie Geisteswissenschaften gut aus und war auch künstlerisch begabt.
Anna Maria gilt als erste Künstlerin, die Porträts in Pastell gestaltete. Ein Universalgenie eben. Hätte doch Köln bloß nicht ihre Eltern zu den Stadttoren hinausgejagt, dann hätte Köln sich mit Anna Maria von Schürmann rühmen können.
Mathilde von Mevissen – die spätberufene Frauenrechtlerin
Foto: Raimund Spekking/Wikimedia
Am Kölner Rathausturm ist sie als eine von 13 Frauen verewigt, und das mit gutem Grund. Denn die wissbegierige Mathilde von Mevissen (geb. 30. Juli 1848) durfte ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts nicht wissbegierig sein. Nach dem Willen ihres Vaters sollte sie eine „sittliche Erziehung“ genießen, um auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter vorbereitet zu werden. Eine Schule besuchen oder ohne Zensur Bücher lesen durfte sie nicht.
Heimlich soll sie aber aus der Bibliothek ihres Vaters Bücher mitgenommen haben. Auch als Erwachsene im Haushalt ihres Vaters war ihr Leben streng reglementiert, für sie eine qualvolle Zeit. Doch ein Vortrag der Frauenrechtlerin Helen Lange änderte alles.
Gemeinsam mit ihrer ebenfalls ledigen Freundin Elisabeth von Mumm gründete sie den Kölner Fortbildungsverein und eine Handelsschule für Mädchen. Diese Gründung gilt als Anfang der Kölner Frauenbewegung. Gegen große Widerstände schafften sie und ihre Mitstreiterinnen es, 1903 das erste private Cölner Mädchengymnasium zu gründen.
Keine Frage: Mathilde von Mevissen hat mit viel Geduld und Zielstrebigkeit den Kölner Frauen den Zugang zu Bildung und Wissen geschaffen.
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