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WAS GUCKST DU, ALTER! – Die Keusche aus der Bibel nackt im Museum

“Susanna und die Alten” von Hendrick Goltzius (1607) – Foto: Béatrice Hatala

Sex und Crime in der Bibel – die Susanna-Geschichte: Eine junge Frau wird von zwei älteren Männern beim Baden beobachtet. Die beiden Männer versuchen Susanna zu vergewaltigen, aber die wehrt sich und schreit um Hilfe. Daraufhin werfen die Verbrecher der verheiratete Susanna “Unzucht”, Sex mit einem fremden Mann vor. Das Gericht glaubt den Männern und verurteilt Susanna zum Tode – erst in letzter Minute wird sie von Prophet Daniel gerettet.

Von Birgitt Schippers

Köln – Fast 50.000 Besucher, darunter mehr als 150 Schulklassen: Die erste Susanna-Ausstellung der Welt ist ein Publikumsmagnet. Noch bis Ende Februar werden die Bilder der keuschen Schönen im Museum Wallraf gezeigt. Wir waren dort.

Susanna im Bilde

Susanna war und ist ein sehr beliebtes Motiv für Künstler vom Mittelalter bis heute. Lustvoll bis nachdenklich wird sie in den Gemälden großer Künstler wie Rembrandt, Edouard Manet oder Lovis Corinth inszeniert, wie sie mehr oder weniger nackt beim Baden von alten Männern begafft und begrabscht wird. Meist schaut sie ergeben zum Himmel und scheint auf göttlichen Beistand zu hoffen. 

susanna
Interpretationen von Kathleen Gilje…
susanna
… “Susanna and the Elders”, 1998
susanna bild
Artemisia Gentilesch: Susanna und die Alten, 1622

Wer war diese Susanna?

Opfer oder Verführerin: Für die vielfältigen Deutungen der Susanna-Geschichte gibt es in der Ausstellung eine reiche Auswahl an Anschauungsmaterial. War Susanna eine keusche, tugendhafte Frau, die von lüsternen alten und mächtigen Männern erpresst wird, ihre Unschuld vor Gericht behauptet und von dem jungen Propheten Daniel durch eine die Rechtsprechung revolutionierende Verhörtechnik gerettet wird? Oder eine junge Ehefrau, die um ihre Reize weiß, auf unschuldig macht und Männer verführt?

Pornografie oder Kunst  

Viel nackte Haut ist in der Ausstellung zu sehen. Verblüffend – in der biblischen Geschichte war von einer nackten Susanna nie die Rede. Zeitgenössische Künstlerinnen wie Zoe Leonard, Kathleen Gilje oder Heike Gallmeister werfen in der Susanna-Ausstellung einen kritischen Blick auf den ihrer Meinung nach voyeuristischen Missbrauch des Susanna-Motivs. Feministinnen sehen in den Susanna-Darstellungen der vergangenen Jahrhunderte sogar religiös verbrämte Pornografie, die von Männern in Auftrag gegeben wurde. 

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Susanna – die Selbstbewusste

Aber die Susanna ist nicht nur als Opfer gesehen worden. Die berühmte Barockmalerin Artemisia Gentileschi zeigt auf ihrem Gemälde eine wehrhafte Frau. Sie war selbst Opfer eines Missbrauchs. Auch fromme Frauen im Mittelalter haben das Susanna-Motiv für ihre Stundenbücher in Auftrag gegeben, denn sie sahen in ihr eine tapfere Frau und Vorbild für gottgefälliges Leben. 

Hitchcocks „Psycho“ im Susanna-Rausch

Wer hätte das gedacht! Hitchcock hat in seinem weltberühmten Thriller „Psycho“ der biblischen Susanna ein Denkmal geschaffen. Allerdings ohne happy end. Der Film-Psychopath Bates beobachtet durch ein Schlüsselloch, wie sich sein Opfer langsam auszieht (genau wie die lüsternen Alten Susanna durch die Hecke angeschaut haben). Hinter Hitchcocks Bates hängt eine Kopie eines besonders brutalen Susanna-Gemäldes. Mehr versteckte Susanna-Bezüge werden anschaulich aufbereitet in einem besonderen Ausstellungsraum. gezeigt. Es wird nicht verschwiegen, dass Hitchcock nicht zimperlich war, seine Macht auf der Besetzungscoach auszuspielen. MeToo lässt grüßen.

Die Susanna-Werke von Anthonis van Dyck

Unser Fazit: Nichts wie hin!

Bildgewaltig und abwechslungsreich zeigt die Ausstellung im Museum Wallraf, wie Frauen zum Objekt von Fantasien werden können, aber auch Vorbild für Selbstbewusstsein und moralische Integrität. Der Gang durch die Ausstellung bietet allen Besuchern und Besucherinnen die Chance, sich über die eigenen Rollenbilder und die Empfänglichkeit für Voyeurismus bewusst zu werden. Am 26. Februar ist der letzte Ausstellungstag. 

Für Interessierte: Am 26. Januar gibt es eine interessante Podiumsdiskussion im Stiftersaal (19 Uhr, mehr Infos)

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