Die Gartenansicht von Schloss Augustusburg bei Brühl Kollage: Getty Images/Jule_Berli via canva.com
Von unserer Redaktion
Es gibt Gebäude, die erzählen von Geschichte. Und solche, die Geschichte machen.
Das Schloss Augustusburg in Brühl gehört zu letzterem. Denn dieses Schloss war ein Machtstatement. Wer heute durch die makellosen Gartenachsen auf das helle Hauptportal zuläuft, kann spüren, dass er sich auf eines der prächtigsten Rokoko-Schlösser Deutschlands zubewegt, das erste überhaupt.
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Der Fürst, der Stil hatte – und zeigen wollte
Ab 1725 ließ Clemens August von Bayern hier bauen, und zwar mit allem, was das Fürstenherz begehrte: Jagdresidenz, Lustschloss, Bühne der Repräsentation. Clemens August (1700–1761) war ab 1723 bis zu seinem Tod Kurfürst und Erzbischof von Köln, also sowohl geistliches Oberhaupt als auch weltlicher Landesherr. Er war einer der sieben Kurfürsten, die den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wählten.
Der Barockherrscher war ein Meister höfischer Inszenierung. Seine Schlösser sind Ausdruck dieses Selbstverständnisses. Der Reichtum, mit dem er sich umgab, kam nicht zuletzt aus den Einnahmen seiner kirchlichen Territorien – darunter eben auch das Erzbistum Köln. Drei der bedeutendsten Architekten ihrer Zeit wirkten an der Entstehung von Schloss Augustusburg mit – Johann Conrad Schlaun (baute auch das Schloss Nordkirchen bei Münster), François de Cuvilliés d. Ä. (zu seinen Hauptwerken gehört auch das Jagdschloss Amalienburg in Nymphenburg) und schließlich Balthasar Neumann (errichtete auch die Schönbornkapelle in Würzburg), dessen Treppenhaus bis heute als das schönste seiner Art in Europa, sogar der ganzen Welt gilt.
Das Treppenhaus: Wenn Aufstieg eine Kunstform wird

Montage: Getty Images Signature/Timothy Ball & Getty Images/simon91germny via canva.com
Wer glaubt, eine Treppe sei einfach ein Mittel zum Zweck, kann hier umdenken. Das monumentale Rokoko-Treppenhaus von Balthasar Neumann ist mehr als nur Verbindung zwischen Stockwerken – es ist eine Inszenierung des höfischen Aufstiegs. Farben, Formen, Lichtführung, das Deckengemälde von Carlo Carlone: Alles ist so komponiert, dass Besucher nicht einfach nur gehen – sondern staunen. Das war auch genau so gewollt. In einer Zeit, in der Architektur politische Botschaft war, war kein Raum zu klein, um Eindruck zu machen. Und kein Detail zu fein, um nicht eine Geschichte über Macht, Geschmack und göttliche Ordnung zu erzählen.
Rokoko mit UNESCO-Siegel
Schloss Augustusburg gilt als das erste große Beispiel für das Rokoko in Deutschland. Hier wurden die ersten Rocaille-Verzierungen verbaut, noch bevor sie in München oder Berlin Mode wurden. Seit 1984 zählt das Ensemble – zusammen mit dem nahe gelegenen Jagdschlösschen Falkenlust und dem barock gestalteten Schlosspark – zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Vom Vorbild zum Denkmal
Die Anlage wurde nicht nur bestaunt, sondern nachgeahmt. Viele fürstliche Residenzen der Folgejahre orientierten sich am Brühler Vorbild. Der Name Balthasar Neumann ist heute in Architekturführern mit Sternchen versehen ist – sein Einfluss reicht weit über den Rhein hinaus. Der Schlosspark wiederum kombiniert französische Strenge mit englischem Landschaftsgefühl – eine Mischung, die heute wie damals wirkt: höfisch, aber einladend.
Bis 1996 war Augustusburg offizielles Repräsentationsschloss der Bundesrepublik Deutschland und begrüßte unter anderem Queen Elisabeth II. und Nelson Mandela. Heute ist es Denkmal – mit Führungen, Konzerten. Wer kommt, sollte Zeit mitbringen – und sich auf ein Gesamtkunstwerk einlassen, das viel über die frühe Moderne erzählt. Das Schloss ist nur eine knappe Viertelstunde mit der Bahn von Köln Hauptbahnhof entfernt (bis Brühl und dann noch 350 Meter zu Fuß).