Von MIRKO HERING
Köln – Vor mehr als 20 Jahren führte Köln als erste Stadt der Republik einen offiziellen Straßenstrich ein. Grundsätzlich ist in Köln, wie auch in Rest-Deutschland Prostitution in Gebäuden und auf der Straße erlaubt. Ausnahme: die Sperrbezirke.
Die Sperrbezirke in Köln
Zum “Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands” verbietet die Bezirksregierung Köln Straßenprostitution in zwei Kölner Gebieten: in der Kölner Innenstadt und im Kölner Süden.
Die städtische Verordnung verbietet in einem “Sperrbezirk” nicht nur die Ausübung der Prostitution. Paragraph 12 untersagt auch schon die Kontaktaufnahme für käuflichen Sex. Innerhalb der festgelegten Bereiche ist es verboten, an allen Orten, die öffentlich sind oder von der Öffentlichkeit eingesehen werden können, der Prostitution nachzugehen.
Wird ein Freier erwischt, wird es teuer: Das Bußgeld für einen Sex-Kunden beträgt bis zu 1000 Euro. Das Bußgeld für Prostituierte liegt beim Erstverstoß bei 250 Euro. Ab drei Verstößen kann die Polizei ein Strafverfahren einleiten.
Als sich vor mehr 10 Jahren Straßenstrich und Wohnwagen-Prostitution im Kölner Süden immer stärker in den Gebieten Millitärring, Brühler Landstraße und Kölnberg ausbreiteten, wurde der Kölner Sperrbezirk erweitert. Für weite Teile des Kölner Südens gilt außerdem ein temporäres Prostitutions-Verbot von 6 bis 20 Uhr.
Sperrbezirk Kölner Innenstadt
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Der offizielle Straßenstrich
2002 wurde in Köln – damals deutschlandweit einmalig – der erste offizielle Straßenstrich eingerichtet. In sogenannten “Verrichtungsboxen” an der Geestemünder Straße können Frauen Auto- und Radfahrern sexuelle Dienste anbieten. Das Projekt wird vom Sozialdienst katholischer Frauen betreut, Hausrecht hat das Ordnungsamt.
In den 80er Jahre hatte die Straßenprostitution in Köln massiv zugenommen, vor allem rund um den Reichenspergerplatz. Hier beschwerten sich Nachbarschaft und Mitarbeiter des ansässigen Landgerichts über Verstöße gegen die Sperrbezirksverordnung: über die sogenannten “Karussel”-Freier, die Runde um Runde drehten, außerdem über die Verschmutzung mit Drogen-Utensilien wie Spritzen.
Die hier arbeitenden Prostituierten, der größte Teil drogenabhängig, waren ständigen Repressionen durch Stadt, Polizei und Freier ausgesetzt, bei schwierigen hygienischen Bedingungen. Aus Angst vor Bußgeldern oder Verhaftung stiegen die hier arbeitenden Frauen häufig wahllos zu Kunden in Auto, fuhren auf abgelegene Parkplätze. Gewalttätige Übergriffe waren an der Tagesordnung, Ende der 90er wurden zwei Frauen sogar ermordet.
1999 verabschiedete der Rat der Stadt Köln die neue Sperrbezirksverordnung, wo es nicht nur um Sanktionen gegen Prostituierte ging, sondern auch um niedrigschwellige Hilfs- und Ausstiegsangebote vor Ort – mehr Sicherheit durch bessere Straßenbeleuchtung, ein Kontaktbus, ein öffentliches Telefon und mehr.
Nach einem Modellprojekt in Utrecht (die “Tippel-Zone”) wurde an der Geestemünder Straße im Industriegebiet im Kölner Norden ein fußballfeldgroßes Areal umzäunt und mit Sichtschutz verkleidet. In unmittelbarer Umgebung sind keine Wohnhäuser oder Geschäfte mit Laufkundschaft.
In den Boxen gibt es einen Notfallknopf für die Frauen, außerdem können sie sich bei Gefahr in einer Schleuse einschließen. Für die Frauen gibt es einen Gemeinschaftsbereich zum Aufwärmen, warme Mahlzeiten und Beratungsangebote.
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