SHOW-PROZESS IN KÖLN – Wie Houdini als Magier weltberühmt wird

Harry Houdini bei einem Entfesselungstrick Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Harvard Bridge in Boston/USA

Von STEPHANIE KAYSER

Köln – KEINE ZAUBEREI. Ein Prozess vor dem Kölner Amtsgericht macht Harry Houdini (damals 27) weltberühmt. Der damalige Nachwuchs-Magier verklagt einen Kölner Wachtmeister wegen “öffentlicher Beleidigung”. Der Beginn einer Weltkarriere.

Die Rheinische Zeitung berichtet 1901 über den Auftritts des Nachwuchsmagiers Harry Houdini in Köln. Der soll bei seiner Zaubershow betrogen habe. Ein kölscher Wachtmeister bezeugt den Vorfall.

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Houdini vor Gericht in Köln, zeitgenössischer Stich

Von Anfang an. Die Vorführung des Circus Corty-Althoff 1901 in Köln. Houdini (1874-1926) befreit sich hinter einem Vorhang aus Polizei-Handschellen. Angeblich nur mit Hilfe einer Feile. Das schreibt zumindest die “Rheinische Zeitung” am 25. Juli 1901. Der Titel: “Die Entlarvung Houdinis”.

Der Kölner Polizist Werner Graf bezeugt in dem Artikel, dass der Magier mit Bestechung versucht habe, sich die Handschellen-Schlüsseln zu besorgen. Houdini reagiert empört.

Zu dem Zeitpunkt ist der Magier seit einem Jahr in Europa unterwegs. Er befreit sich in Polizei-Revieren von Handschellen. Dass das jemand mit allen Modellen schafft, ist neu.

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EIN PROZESS MIT SHOW-FAKTOR

Seinen “guten Magier-Namen” will sich Houdini in Köln vor Gericht zurück klagen.

“Untersetzt, kräftiger, durchtrainierter Körper, blassblaue stechende Augen, mit einer Ausstrahlung, die besagte: ‘Ich weiß, was ich will und was ich will, das erreiche ich auch!'”, so beschreibt ihn sein Anwalt Dr. Schreiber später.

Houdini bestreitet alle Vorwürfe. Alles sei ein Racheakt der Polizei, weil er ihre Handschellen lächerlich mache. Prozessauftakt im Februar 1902.

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Harry Houdini als junger Mann

Nach zwei Tagen unklarer Zeugenaussagen fordert Amtsrichter Wickel den Magier auf, sein Können zu beweisen. Weil der Trick aber ein “Geschäftsgeheimnis” sei, braucht Houdini ihn nur dem Richter und den Schöffen zu zeigen.

Im Saal hört man ein paar schnelle Schläge. Houdini hockt hinter der Richterbank. Ein Paar Sekunden später steht er wieder aufrecht – und ohne Handschellen im Gerichtssaal. Wachtmeister Grauf und Zeitungs-Redakteur Merfeld werden daraufhin wegen öffentlicher Beleidigung zu Geldstrafen verurteilt.

Houdinis Trick damals: An seinem Schienbein hat er eine Metallplatte befestigt. Wenn man die preußischen Polizeifesseln ein paar Mal hart aufschlägt, springt das Schloss auf.

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Der Marketing-Coup

Der verurteilte Schutzmann geht in Berufung. Wieder muss sich Houdini vor dem Richter beweisen, wieder klappt es. Diesmal angeblich dank eines Spezial-Werkzeugs in Miniaturform. Wachtmeister Graf wird zu 30 Mark wegen Beleidigung verurteilt. Damit nicht genug…

Das Gericht verfügt, dass das Gerichtsurteil in ALLEN Kölner Zeitungen veröffentlicht werden muss. Ein sensationeller PR-Coup für Houdini, und der sogar “IM NAMEN DES KÖNIGS”. Dieses Urtei wird zum Karriere-Turboboost für Houdini.

Houdini wird zum ersten Superstar der USA. Er stirbt im Alter von nur 52 Jahren an den Folgen eines Blinddarmdurchbruches.

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So berichtet die Kölnische Zeitung

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Quellen: Norbert Klein: “Mörder, Stadtrat und FC: Kölner Gerichtsgeschichten um den Appellhof” (BoD, 2019); Der Spiegel: “Entfesslungskünstler Houdini: Der Mann, der durch Wände ging” (Katja Ilken, 18.9.2015); McGill University; eigene Recherche

+++ zuerst veröffentlicht am 19.5.21

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