Von STEPHANIE KAYSER
Köln – Köln in der Kolonialzeit: kaum erforscht, wenig bekannt. Tatsächlich leben schon seit fast 150 Jahren (!) Schwarze Menschen im Rheinland. Menschen wie Elo Wilhelm Sambo. Der ist stadtberühmt, weil er den Kölner Rosenmontagszug jahrelang auf einem Pferd anführt.
Der Mensch Elo Sambo ist bis heute allerdings fast unbekannt. Sein größter Traum, eine Reise in sein Geburtsland Kamerun erfüllt sich nie.
Ein menschliches Souvenir
Elo Sambo, ein Schwarzes Schicksal aus Köln. Ursprung hat es in der “Kongokonferenz” 1884. Bei der teilen der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck und die anderen damaligen Weltmächte Afrika unter sich auf. Das Kuchenstück Kamerun geht ans Deutsche Kaiserreich. In der Hauptstadt Yaoundé kommt Elo Sambo 1885 zur Welt.
In Europa gelten Schwarze Hausangestellte und Militärmusiker damals als Statussymbol. Bei der Rückkehr aus den Kolonien nehmen sich einige Europäer*innen einen Menschen als menschliches “Souvenir” mit.
Im Alter von nur sechs Jahren trifft es Elo Sambo, der angeblich Waise ist. Der kaiserliche Rittmeister Stolzenberg nimmt ihn als “Boy” mit ins Kaiserreich. Offiziell wird Kaiser Wilhelm II. sein Patenonkel. Bei der Taufe bekommt Elo deshalb den Beinamen Wilhelm.
So viel über Sambos spätere Auftritte berichtet wird, so wenig ist über sein Lebensweg als Kind bekannt. Angeblich wird er im Großen Militärwaisenhaus Potsdam erzogen, wo er auch eine Ausbildung zum Pferdeknecht gemacht haben sollen. Was sicher ist: Mit 20 Jahren verpflichtet er sich für zwei Jahre dem Eisenbahn-Regiment.
Karriere beim Militär
Elo Sambo wird einer der letzten afrikanischen Musiker in preußischen Diensten. Er fängt bei der Reiter-Gruppe, dem Leib-Garde-Husaren-Regiment an. Dort wird Sambo zum Kesselpauke-Musiker ausgebildet.
Seine Hautfarbe instrumentalisierend reitet Sambo bei Auftritten in roter Uniform auf einem Schimmel (Schwarz, Rot, Weiß sind die Farben des Deutschen Kaiserreiches). Der Pauker reitet traditionell alleine vor dem Trompetenkorps.
Als einer der wenigen Schwarzen darf Elo Sambo im Ersten Weltkrieg auf europäischem Boden mitkämpfen. Das Deutsche Reich beschränkt das Einsatzgebiet afrikanischer Soldaten eigentlich auf die Kolonien. Man befürchtet, dass die koloniale Ordnung ins Wanken gerät, wenn die Schwarzen zu Weiß werden.
Von August 1914 bis Mai 1915 steht Sambo mit seinem Regiment an der Westfront in Frankreich. Er wird verwundet, danach an die Ostfront verlegt. Auch hier wird er verwundet. Er erhält das Verwundetenabzeichen und das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Kaum genesen kämpft er bei der “Osmanischen Armee” in Palästina, wo er 1918 in englische Gefangenschaft gerät. So berichten es unbestätigte Überlieferungen. Im März 1919 kehrt er nach Deutschland zurück.
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booking.comDas Privatleben
Über Sambos Privatleben ist fast nichts überliefert. 1913 wird sein unehelicher Sohn Otto Ristic (†2005) in Potsdam geboren. Elo Sambo lernt seinen Sohn nie kennen.
Beziehungen zwischen weißen Frauen und Schwarzen Männern gelten zu der Zeit als so verwerflich, dass sie vollständig tot geschwiegen werden. Es gibt sie offiziell einfach nicht! Otto darf auch seine Mutter nicht kennenlernen. Er wächst bei Pflegeeltern auf.
Nach dem ersten Weltkrieg dient Sambo bis 1923 weiter als Paukenschläger im Militär. Der anschließende Wechsel ins zivile Leben ist wenig dokumentiert. Sambo beginnt als Fremdenführer ins Potsdams Schlössern. Ungeklärt, warum er dort weg möchte. Regimentskamerad Middendorf holt ihn nach Münster, wo er den “Kaffee-Koch” in Middendorfs Konditorei spielt. Damals ein PR-Coup: Der “exotische” Kaffee wird zubereitet und serviert von einem Schwarzen.
Warum Elo Sambo Münster dann verlässt, ebenfalls ungeklärt. Gerüchteweise soll er sich in eine Rheinländerin verliebt haben. Damals eine maximal geduldete Beziehung. “Mischehen” werden als Gefahr für die Kolonialordnung gesehen. Ab Ende der 20er Jahre soll Sambo in der Nähe des Chlodwigplatz gelebt zu haben.
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Booking.comStadtbekannt im Karneval
1926 eine Neuheit auf dem Kölner Musikmarkt: Der Kölner Garde-Verein wird gegründet. Die erste Kavallerie-Kapelle, die ausschließlich aus Blechbläsern bestand. Erkennungszeichen: vier Fanfarenbläser und ein Kesselpauken-Schläger zu Pferd. Am 22. März 1926 hat die Kapelle den ersten Auftritt auf dem Rathausplatz. Sie sind Teil einer Ehrenformation für den damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg.
Elo Sambo wird stadtbekannt. Vor allem durch Rosenmontag. Ab Ende der 20er Jahre führt er zu Pferd und mit Kesselpauke den Kölner Rosenmontagszug an. Der Kölner Garde-Verein spielt für die Blauen Funken, die traditionell die erste Gruppe im Umzug sind. Der Kölner Garde-Verein tritt das ganze Jahr über auf, auch in anderen Städten.
Am 27. Februar 1933 spielt Elo Sambo 1933 zum letzten Mal die Kesselpauke an Rosenmontag. Am 5. März 1933 gewannen die Nazis die Wahl.
1933 stirbt Elo Sambo
Im Juli 1933 stirbt Elo Wilhelm Sambo im Alter von nur 48 Jahren im Krankenhaus. Die Ursache seines frühen Todes ist nicht bekannt. Um so mehr wird über seine prunkvolle Beerdigung auf dem Südfriedhof berichtet. Hinter Elo Sambos Sarg schreiten zwei Leib-Garde-Husaren in großer Uniform mit einem Kranz des Kaisers. Es folgen außerdem die Regimentsvereine der Garde, der anderen Kölner Kriegervereine und die Fahnen und Standartenträgern. Seine Grabstätte existiert heute nicht mehr.
Elo Sambo, der Schwarze an der Spitze des wichtigsten Zuges des Stadt. Der erste Afrikaner, der in Köln bekannt wird. Elo Sambo, der immer den Traum hatte, sein Geburtsland einmal wiederzusehen. Es blieb ein Traum.
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Mehr Geschichten aus Köln
Quellen: “Wilhelm Elo Sambo – Patenkind des Kaisers und Blauer Funke”, Marianne Bechhaus-Gerst; Klaus Schlegel – Köln und seine preußischen Soldaten:Die Geschichte der Garnison und Festung Köln von 1814 bis 1914/Archiv der Blauen Funken; Stadtkapelle Köln/”Tradition”; “Totgeschwiegen” (SZ, Ciani-Sophia Hoeder vom 19.7.20), “Rassismus in Deutschland: Der Rassismus ist nicht weit weg” (Zeit, Malcolm Ohanwe, 16.6.20), “Liebe in der Kolonialzeit:Skandalöse Liebe” (Zeit.2.8.19, Livia Rigotti), Afrikanische Zuwanderung nach Deutschland zwischen 1884 und 1945 (Bundeszentrale für Politische Bildung, Katharina Oguntoye, 30.7.04) +++ zuerst veröffentlicht am 30.5.21
Hallo Frau Kayser,
Was ein ehrenhaftes stuck haben Sie geschrieben über Elo Sambo.
Ich kannte diese Person von die Husaren Geschichte, aber wirklich beeindruckend das sie so fiel noch gefunden, und geschrieben haben.
Das WGM in Potsdam hat von Elo Sambo auch ein Gemalde. Sehr schones gemalde.
Gruss aus Amersfoort Holland 🙂
Henk Koelewijn
Hallo lieber Henk Koelewijn, vielen Dank für das Feedback!!! ich freue mich sehr, dass sie die Recherche zu schätzen wissen. Elo Sambo hat ein unglaublich beeindruckendes Schicksal. Ich hatte bisher wenig Ahnung von dieser Zeit in Köln, um so wichtiger, dass man nicht vergisst. Viele Grüße nach Holland Stephanie
Hallo Frau Kayser,
Danke für ihren Antwort. Entschuldigung für meine späte Reactions.
Über die Sohn von Elo Sambo (Otto Ristic (†2005) ist dort noch was bekannt von diesem mann, oder ist ein Foto bekannt von Herr Ristic? Kannte diese Familie die Geschichte von Elo Sambo.
Das interessante an Elo Sambo waren auch das er in die Garde Husaren gedient hat. Das ist ein der Elite regimenter. Persönlich unter der Kaiser. Das er das Patenkind von Kaiser Wilhelm II waren ist auch ganz besonder gewesen.
Was ich ganz beeindruckend finden ist das der Kaiser in Holland lebte, aber sich doch die mühe gegeben hat um ein Kranz zu schicken mit zwei Leib-Garde Husaren in Parade Uniform.
Sie müssen unbedingt mal nach Haus Doorn fahren. Sehr Interessant
Gruss, 🙂
Henk Koelewijn