Von STEPHANIE KAYSER
Köln – “Der Fahnder”, “Der Alte”, “Ein Fall für Zwei”, “Tatort”: Als Schauspielerin hat Renan Demirkan fast alles erreicht. Seit neuestem steht die Kölnerin für “Rote Rosen” vor der Kamera. Ihr Herzblut gehört allerdings ihrem Schulprojekt. Hier sind Kölner Teenager die wahren Stars.
“Räume für Träume” ist der Titel ihres Dokumentarfilms. Demokratie-Unterricht mal ganz anders: ein halbjähriger, für die Jugendlichen freiwilliger Workshop an der Europaschule in Zollstock, von zwei Kamerateams begleitet. 10 Jahre lang hat Renan Demirkan das Konzept entwickelt und 2016 den Verein “Checkpoint: Demokratie! e.V.” gegründet.
“Die Geschichte der Welt ist nicht nur weiß”
“Die Jugendlichen haben mich unglaublich beeindruckt in dem Workshop. Wir haben angefangen mit der Frage: ‘Wie geht es dir?’ DAS werden unsere Kinder nie gefragt”, sagt die engagierte Schauspielerin und Schriftstellerin.
Fotos: Screenshots Workshop Video /Checkpoint!: Demokratie
Was erwarten die jungen Menschen von ihrem Leben, was sind ihre Pläne und Ängste: “Ich habe dabei oft geweint, wir haben auch zusammen geweint”, sagt Renan Demirkan. Wie bei der 18-jährigen Abiturientin, die als 7-Jährige schon Vollzeit in Afghanistan arbeiten musste. Nach der Flucht konnte das Mädchen wieder zur Schule. Heute kämpft sie mit der deutschen Grammatik und darum akzeptiert zu werden.
“Die Kinder merken in dem Workshop, dass die Geschichte der Welt ist nicht nur weiß, nicht eurozentristisch und christlich ist. Dieses Denken hebt sich von alleine auf”, sagt die Kölner Aktivistin. Der Workshop findet in einem geschützten Raum statt. Bewertet und beurteilt wird niemand.
“Wir überassen die Kinder sich selbst”
“Alle sprechen von Digitalisierung, dass jeder Jugendliche Zugang zu einem Computer braucht. Aber wir bereiten unsere Kinder überhaupt nicht vor auf die Welt mit Social Media, auf das Internet. Wir überlassen sie einfach sich selbst”, kritisiert Renan Demirkan. Ihr Workshop-Konzept setzt auch hier an.
Foto: Ela Mergels
Nach vier Stunden vor dem PC sinkt die Hirn-Aktivität im Bereich Empathie bei Jugendlichen massiv. Das hat eine Studie aus England mittels CT-Untersuchungen bewiesen. “Wenn uns die Empathie verloren geht, dann brauchen wir keine KI*, dann werden wir selbst zur KI”, warnt die Schauspielerin (KI = Künstliche Intelligenz).
Studien aus der Hirnforschung zeigen, dass Empathie und Emotionaität sich nur durch analoge Echt-Zeit-Begegnungen entwickeln. “Im Workshop ‘Räume für Träume’ lernen die Kinder, was sie selbst sind, was sie selbst empfinden – ohne Urteil und ohne Absicht. Wir müssen unsere Kinder so aufklären und vorbereiten, dass sie selbstbestimmt die Technik beherrschen – nicht umgekehrt.”
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booking.comDie Erkenntnis am Ende
Wer sich jetzt fragt, was das alles mit “Demokratie-Unterricht” zu tun hat? Am Ende merken die Jugendlichen, dass sie einen juristischen ANSPRUCH auf ihre Wünsche und Bedürfnisse haben und dass Demokratie eine LEBENSWEISE ist, die im deutschen Grundgesetz durch die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit der Religions- und Berufswahl und andere elementare Dinge garantiert wird.
Der Film zum Workshop
Von Köln in die Republik
Aus dem Kölner Pilotprojekt soll jetzt eine bundesweite Aktion werden. Erste Schulen haben bereits ihr Interesse angemeldet. “Wir wollen andere Interessierte, sowohl aus dem sozialen oder kreativen Bereich, als auch Pädagoginnen und Pädagogen schulen, so einen Workshop an Schulen durchzuführen. Interessierte können sich bei ‘Checkpoint: Demokratie! e.V.’ melden”, sagt Renan Demirkan.
Ihr mittelfristiges Ziel ist ein eigenes Studienfach an der Uni zum Thema ‘Lebenskunde – Kreativ- oder Demokratie-Unterricht’ für ein neues, respektvolles Lernangebot zur Selbstermächtigung von der Kita an bis zum Abitur.
Die Kino-Premiere von “Räume für Träume” findet am Freitag, 29. April im Filmforum NRW um 18 Uhr statt (Eintritt 10 Euro). Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion unter der Moderation von Renan Demirkan.
Mehr Infos: Checkpoint: Demokratie! e.V.
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