Rund um die Grünanlage am Kaiser-Wilhem-Ring sieht man überall Lachgas in Ballons am Wochenende
Von STEPHANIE KAYSER
Köln – Wenn es am Wochenende dunkel wird in Köln, dann fängt es an zu zischen am Ring. Das Geräusch, wenn Gas aus einer Flasche gelassen wird, hört man die ganze Nacht durch. Der neue Trend im Nachtleben: Lachgas – legal, aber gefährlich.
Einer der beliebtesten Plätze zum Inhalieren: die Sitzbänke rund um die Grünanlage am Kaiser-Wilhem-Ring. Auf mehr als einem halben Dutzend Bänke sitzen Gruppen von jungen Menschen. Es zischt, wenn sie das Gas in Ballons abfüllen. Über Ballons wird das Distickstoffmonoxid in der Regel inhaliert. Ein kurzer Rausch mit Risiko.
Während im Nachbarland Niederlande Lachgas Anfang des Jahres verboten wurde, erlebt Köln aktuell einen Hype.
“Ich tu nix Verbotenes”
Die Kölner Auszubildende Laura (18) ist eine von denen, die sich den kurzen Rausch aus dem Ballon genehmigen: “Wir tun ja nichts Verbotenes. Alle machen das. Ich fühl mich dann leicht und das Ganze hält ja nur kurz an. Ich würde niemals Drogen nehmen. Aber ein bisschen Lachgas ist doch okay.” Das ist typisch: Viele glauben, dass das Inhalieren des Gases gefahrlos sei – auch weil das Aufputschmittel frei verkäuflich erhältlich ist. Ein Irrglaube.
Das Problem: Verkauf und Konsum von Lachgas sind nicht strafbar. Distickstoffmonoxid ist offiziell kein Betäubungsmittel, es gibt keine Altersbeschränkung. Die Behörden haben keine Handhabe.
Degeneration des Rückenmarks
Dabei ist der häufige Konsum von Lachgas toxisch für die Nerven. Im schlimmsten Fall droht die Lähmung der Arme und Beine, sogar eine Degeneration des Rückenmarks. Der häufige Konsum kann psychisch abhängig machen und zu Psychosen führen. Er senkt die Wahrnehmungsfähigkeiten, wie die Fähigkeit, sich Dinge zu merken.*
Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen (EMCDDA) hatte bereits Ende 2022 vor einem neuen Trend unter Teens und Twens gewarnt. Spätestens seit diesem Sommer ist er auch in Köln angekommen – und nicht mehr zu übersehen und überhören. Es zischt.
*Hinweis: Die Hintergründe zum Artikel wurden über Drogen-Studien und Drogen-Beratungsstelle recherchiert.
Lachgas mit Mango-Geschmack
Das Lachgas wird in Kartuschen für Sprühsahne oder Luftballons frei verkäuflich angeboten. Unsere Gesprächspartnerin Laura hat sich die Kartusche zusammen mit ihren Freunden gekauft. 20 Euro, sie inhalieren über Ballons. Es zischt. Ein paar Meter weiter auch, dahinter in der Toreinfahrt am Friesenplatz auch. Quasi alle paar Meter.
Es gibt das Gas auch in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Pfirsich, Erdbeere oder Mango. Die meisten inhalieren mit Hilfe von Luftballons. Die, die direkt von der Flasche konsumieren, riskieren Verletzungen durch Frostschäden an Mund, Zunge, Rachen oder Bronchien. Wenn das Gas mit großem Druck aus der Flache entweicht, entsteht Verdunstungskälte.
Viel Risiko für wenig Rausch
Der Rausch durch Lachgas ist im Vergleich zu Drogen wie Kokain oder Ecstasy unspektakulär. Für erfahrene Drogenkonsumenten ist Lachgas uninteressant. Lachgas ist vor allem bei Schülern, Azubis und Studenten beliebt ist, die keine oder nur wenig Drogenerfahrung haben, weiß EU-Drogenexperte Alexis Goosdeel von der EMCDDA.
Den kurzen Rausch erleben die meisten als mild und angenehm, etwa als Trance oder wohlige Entspannung. Auch werden Kicher-Attacken, Euphorie und intensivere Wahrnehmungen beschrieben.
Zuerst hatte der Kölner Express über den neuen Trend am Ring berichtet.
Bis zu 300 Kartuschen pro Woche
In den Niederlande ist der Besitz und Verkauf von Lachgas seit diesem Jahr verboten. Es darf dort nur noch zu medizinischen oder technischen Zwecken gekauft werden. Lachgas war dort bisher das verbreiteste Aufputschmittel unter Kindern und Jugendlichen. Es gab Fälle, bei denen Jugendliche 300 Kartuschen Lachgas die Woche konsumiert haben.
Dieser Artikel wurde zuerst am 17. September veröffentlicht, danach aktualisiert.
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