In der Altstadt gegen 15 Uhr
Von unserer REDAKTION
Köln – Bis zum Einbruch der Dunkelheit blieb der 11.11. angesichts der Massen an Menschen friedlich und (feucht)fröhlich. KÖLN WAR AUF JEDEN FALL VOLL VOLL. Traumwetter beim Start in die neue Karnevals-Session – der vermutlich größte Auftakt aller Zeiten.
Schon um 9.30 Uhr war die Zülpicher Straße dicht, um 10.15 Uhr wurde der Heumarkt abgeriegelt und um 10.46 Uhr die ganze Altstadt. Für die Karnevals-Touris, die erst jetzt anreisten, wurde es kniffelig. Aber von Anfang an: Im Quartier Latäng startete der 11.11. am frühsten.
So schnell wird die Zülpicher voll
Die Zülpicher Straße war der Place to be für Kölns Schüler und junge Studenten. Hier ging es sehr früh los, schon um 9 Uhr ging nicht mehr viel auf der Zülpicher. Alle wussten: Wenn du nicht rechtzeitig da bist, bleibst du draußen. Gefühlt war das Publikum so jung wie noch nie, die Mehrheit zwischen 14 und 20 Jahren.
„Normalerweise haben wir ja um diese Uhrzeit Schule . Den 11.11. feiern wir, wenn überhaupt dann da, oder später bei jemanden zuhause, wir dürfen ja noch nicht in Clubs“, erzählt uns der 15-jährige Leon aus Sürth, der mit seiner halben Klasse auf der Zülpicher ist: „Gefühlt kennt man hier jeden Zweiten von irgendwo. Das ist voll cool.“
Lebensgefährlich!
Außer Runden in der Masse zu drehen, vielmehr zu schieben, gibt es tatsächlich nicht viel zu tun auf der Zülpicher. Es gibt keine Musik. Die meisten Kneipen sind trotzdem relativ leer. Der Countdown auf den 11.11. gerät in der Mitte der Zülpicher zur Nebensache, weil genau in dem Moment ein junger Mann in einer lebensgefährlichen Aktion an einer Laterne hangelt.
Wie viele hunderte andere zieht Leon mit seinen Leute kurz nach 11.11 Uhr schon wieder weiter – auf die Uni Wiesen. Da gibt es Musik und man kann besser feiern, hat mehr Platz.
Eigentlich waren die Uni Wiesen als Überlaufmodell gedacht, wenn die Zülpicher voll ist. Aber jetzt wurde die Zülpicher relativ früh leerer und die Uni Wiesen so voll, dass irgendwann der Zugang auch hier gesperrt werden musste.
Die jungen Leute, die zu spät dran waren und nirgendwo mehr reinkamen, tummelten sich dann im Grüngürtel, an der Luxemburger oder irgendwo in den Straßen zwischen Kwartier Latäng und Belgischen, die nicht abgesperrt waren. Die Partys am Aachener Weiher gingen bis tief in die Nacht. Am Ende war der Grüngürtel zertrampelt, der Müll blieb liegen.
Auch am Sonntagabend waren Großteile des Scherbenmeers vor allen in Innenstadt, Kwartier Latäng und Belgischem Viertel noch nicht entfernt. “Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass in diesem Jahr ein Glas-Verbots-Verkauf von der Stadt kommt für Büdchen und Supermärkte”, sagt ein Kiosk-Besitzer im Belgischen. Er selbst hat am Sonntagmorgen nach dem 11.11. zwei Stunden gekehrt, um die kaputten Flaschen und den Müll vom Bürgersteig zu schaffen.
Die Welt zu Gast in der Altstadt
War das Publikum auf der Zülpicher in diesem Jahr gefühlt sehr jung, war das Publikum in der Altstadt – außerhalb der abgesperrten Heumarkt-Bühne – gefühlt so “international” wie noch nie. Quasi jeder Dritte sprach niederländisch. Diverse Kapellen aus dem Nachbarland gaben unter freiem Himmel kölsche Klassiker zum Besten. Mega-Stimmung!
Quasi unter Kulturschock 1000 stand ein chinesischer Tourist, den wir in einer proppevollen Altstadt-Gasse ansprachen, weil er dort ein bisschen “verloren” mit seiner Frau stand. Die beiden waren erst am Abend vorher angereist, hatten sich dann hingelegt und wollten eigentlich eine erste Runde zum Dom machen. Stattdessen tausende mehr oder wenig Betrunkene, die mehr oder weniger laut Karnevalslieder singen. “Sehr interessant”, urteilte jedenfalls das Besucherpaar und schien fast ein bisschen enttäuscht, als wir mitteilten, dass morgen erstmal alles wieder vorbei ist.
Starke Worte der Oberbürgermeisterin
Bevor Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn und Oberbürgermeisterin Henriette Reker um 11.11 Uhr die Karnevals-Session auf dem Heumarkt eröffneten, empfing Reker die Karnevalisten im Historischen Rathaus zum traditionellen Empfang. Im Senatssaal unterschrieb Kölns neues Dreigestirn die Sessionsverträge.
In einer starken Ansprache fand Reker klare Worte: “Der Karneval bewegt sich nie im luftleeren Raum, erst recht nicht in diesem Jahr: Der Erfolg rechter Ideologien, die Klimakrise, die Kriege in der Ukraine und in Nahost sowie die Zunahme von antisemitischen Vorfällen stellen unsere vielfältige Stadtgesellschaft vor eine Bewährungsprobe für den Zusammenhalt.
Kölner Karnevalisten setzen ein Zeichen vor der Kölner Synagoge
Einige brauchen den Karneval, um in der Gemeinschaft Kraft für eine fordernde Gegenwart zu sammeln. Andere können ihre Gedanken an die Opfer von Terror und Krieg nicht abstellen. Jeder Jeck ist eben anders! Das hat sich für Köln bewährt. Gleichzeitig ist ‘Jeck sein’ nicht das Synonym für Narrenfreiheit. Für mich ist ‘jeck’, wenn eine klare Haltung und Zivilcourage immer und überall mitschunkeln – für die Werte, die unsere Demokratie und unser Köln der Vielfalt vertritt.”
Und: “Von allen Akteurinnen und Akteuren im Kölner Karneval erwarte ich daher ein eindeutiges Bekenntnis gegen Antisemitismus – und klare Zeichen der Solidarität mit Israel sowie den Jüdinnen und Juden in Köln!”
Live aus Köln: Unsere Videos vom 11.11.
Kölns neues Dreigestirn ist Familie
Kölns neues Dreigestirn wurde vom kölschen Volk bejubelt, als es sich später auf dem Heumarkt präsentierte: Im nächsten Jahr regiert Familie Klupsch vom Treuen Husar über Köln. Prinz Sascha I. (29) führt das Dreigestirn an, sein Papa Friedrich (57) wird Jungfrau Frieda und sein Onkel Werner (65) macht den Bauern.
Foto: Imago/beautiful sports
Die Willi-Ostermann-Gesellschaft mit Präsident Ralf Schleglmilch ließ auch in diesem Jahr die A-Riege des kölschen Fasteleers auf dem Heumarkt auflaufen: von Höhner bis Cat Ballou, von Paveier bis Brings (ohne den kranken Peter). Glücklich die, die eine Karte hatten, alle anderen konnten nur hinter dem Absperrzaun mithören.
Hauptbahnhof gesperrt
Weil kurz nach 20 Uhr viel zu viele Menschen vom Hauptbahnhof abreisen wollten, musste die Bundespolizei den Hauptbahnhof sperren. Zwecks Entzerrung wurden Abreisen via Bahnhof Deutz, Bahnhof Süd oder West empfohlen.
Dieser Bericht endet bei Einbruch der Dunkelheit. Die Kölner Polizei wird am 12. November ihre Bilanz. Schau dann noch mal vorbei.
Mehr Infos zum Karnevals-Auftakt in Köln
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